Von Allmens verabschieden sich vom «Chäs Gruebi»

41 Jahre lang haben Kathrin und Hans von Allmen frische Milch geliefert und das Dorf mit Käse versorgt. Unterstützt haben sie dabei ihre Kinder, die den Betrieb jedoch nicht weiterführen möchten. Chalet-Besitzer sorgen nun dafür, dass das Licht in der Käsevitrine weiterbrennt.

Kathrin und Hans von Allmen haben 41 Jahre lang das «Chäs-Gruebi» in Wengen geführt. Im Oktober löschten sie das Licht in der Käsevitrine, jedoch nur vorübergehend.

Kathrin und Hans von Allmen haben 41 Jahre lang das «Chäs-Gruebi» in Wengen geführt. Im Oktober löschten sie das Licht in der Käsevitrine, jedoch nur vorübergehend.

Kathrin (62) und Hans von Allmen (69) sind in Wengen als «Käthi» und «Badhänsi» bekannt. Sein Spitzname ist von «Beates-Hans» abgeleitet. Da es im Tal verschiedene Familien von Allmen gibt, hat man sie früher mit solchen Spitznamen voneinander unterschieden. Über wie viele Generationen die Männer in seiner Familie bereits «Badhänsi» genannt werden, weiss von Allmen nicht. «Bis heute ist der Name zumindest geblieben», witzelt er. Was nicht mehr in der Familie bleibt, ist das «Chäs-Gruebi». Nach langem Überlegen hat sich keines der drei Kinder von von Allmens dazu entschieden, den Käseladen zu übernehmen. «Uns ist es wichtig, dass der Laden Wengen erhalten bleibt. Darum sind wir sehr glücklich darüber, eine andere Lösung gefunden zu haben», freut sich Kathrin von Allmen. Bevor am 24. November das «Chäs und meh» den Betrieb startet, blicken von Allmens auf 41 Jahre «Chäs-Gruebi» zurück. Eine Zeit, die viele Aufgaben mit sich brachte, am meisten jedoch für Freude sorgte.

So leer wie jetzt waren die Regale für den Käse seit Jahrzehnten nicht mehr.

So leer wie jetzt waren die Regale für den Käse seit Jahrzehnten nicht mehr.
VOM HOLZ ZUM KÄSE

«Wäre mein Vater nicht krank geworden, dann hätte ich Wengen verlassen.» Nach von Allmens Amerikareise wollte der gelernte Schreiner eigentlich wieder zurück auf den Bau. Um in der Nähe seiner Familie bleiben zu können, begann der damals 27-Jährige, in der Dorfmolki zu arbeiten. Nach nur wenigen Monaten haben ihm die Geschäftsführerinnen das Angebot gemacht, den Betrieb zu übernehmen. «Es war zwar nicht mein Traum, aber ich habe zugesagt und bin heute glücklich über meinen Entscheid.»

Im Dezember 1977 hat Hans von Allmen die Molki in Wengen übernommen.

Im Dezember 1977 hat Hans von Allmen die Molki in Wengen übernommen.Fotos: Familie von Allmen

Dass von Allmen seine Bedürfnisse zurückstellte, führte ihn im Gegenzug zu seiner grosse Liebe. Kathrin von Allmen kam aus dem Thurgau nach Wengen und arbeitete in der Bäckerei Graf gleich gegenüber der Molki. «Hans hat bei mir oft sein ‚Znüni‘ gekauft und dann haben wir uns im Ausgang getroffen», erinnert sich Kathrin von Allmen an ihr Kennenlernen. Eigentlich wollte sie nur einen Winter in Wengen bleiben. Doch auch ihre Pläne änderten sich. Nach einem Aufenthalt in Paris beschloss die damals 23-Jährige, für ein halbes Jahr in einem Käseladen in Olten zu arbeiten. «Ich wollte mich damit auskennen, bevor ich in den Betrieb von Hans eingestiegen bin».

UMZUG IN DER NACHT

Das gemeinsame Geschäft lief gut, doch der Laden und das Lager wurden zu klein. Von Allmens standen vor der Wahl, entweder umzubauen oder aufzuhören. Sie entschieden sich für den kompletten Abriss der alten Molki. Der Baustart war im August 1984, worauf das neue «Chäs-Gruebi» bereits Mitte Dezember öffnete. In der Zwischenzeit ist der ganze Betrieb in das alte Coop etwas oberhalb der Strasse umgezogen. «Wir hatten keinen einzigen Tag geschlossen während des Umbaus», erklärt Kathrin von Allmen. Bei Nacht und Regen zügelte die Familie Milchtank, Kasse und Käse.

Kathrin und Hans von Allmen bei der Neueröffnung des «Chäs-Gruebis» 1984.

Kathrin und Hans von Allmen bei der Neueröffnung des «Chäs-Gruebis» 1984.
TRANSPORTE MIT HELI, HAFLINGER UND RUCKSACK

Währenddem Hans von Allmen im Arbeitsalltag die Milch der Bauern entgegengenommen hat und die Hotels mit Milchprodukten belieferte, bediente seine Frau die Kunden hinter der Käsevitrine. «Zu unseren Spezialitäten gehörte das hausgemachte Fondue», so Kathrin von Allmen. Zu Spitzenzeiten verkaufte das «Chäs-Gruebi» pro Jahr rund 100’000 Liter frische Milch und hatte 85 verschiedene Käsesorten im Angebot.

Den Käse liessen von Allmens zum Teil mit dem Helikopter von der Alp nach Wengen fliegen. «Das ist unser erstes Elektrofahrzeug. Im Winter taugte dieses 'Golfwägeli' nicht viel», sagt Hans von Allmen.

Den Käse liessen von Allmens zum Teil mit dem Helikopter von der Alp nach Wengen fliegen. «Das ist unser erstes Elektrofahrzeug. Im Winter taugte dieses ‚Golfwägeli‘ nicht viel», sagt Hans von Allmen.

Jeden Herbst hat Hans von Allmen zudem bis zu sechs Tonnen Alpkäse eingekauft. Die Käselaibe sind teilweise mit dem Helikopter nach Wengen transportiert worden. Wenn die Alp eine Zufahrt hatte, ist er mit dem Haflinger gefahren. Und wenn es nur einen Wanderweg hatte, half der Rucksack. «Den hed mu nen halt miesse pugglen», wie von Allmen sagt.

DIE FAMILIE HALF MIT

Von Allmens wohnen direkt oberhalb des «Chäs-Gruebis». Um Geschäft und Familie unter einen Hut zu bringen, sei das ein grosser Vorteil gewesen. Neben den sieben Angestellten haben auch die drei Kinder oft mitgearbeitet. «Sie sind uns immer zur Hand gegangen. Dafür sind wir ihnen sehr dankbar», so Kathrin von Allmen. Sein Hobby, das «Buuren», hat Hans von Allmen trotz vieler Arbeit nie aufgegeben. Die Kühe hatte er nicht nur zum Vergnügen. Sie waren auch ein finanzielles Standbein für die Familie. Als Sohn Peter einst neue Skier brauchte, verkaufte er dafür ein Rind. Peter ging dann zum Sportgeschäft Molitor und erklärte, dass er das Geld erst habe, sobald der Metzger das Rind bezahle. «Er ist an diesem Abend mit einem Paar neuer Skier nach Hause gekommen», erinnert sich von Allmen lachend.

Dass sie das «Chäs-Gruebi» weitergeben möchten, das haben von Allmens ihrer Familie bereits vor drei Jahren mitgeteilt. «Wir haben einfach gemerkt, dass uns die Kraft für alles langsam fehlt», erklärt Kathrin von Allmen. Ihre Kinder seien daran interessiert gewesen, den Betrieb zu übernehmen, haben sich jedoch trotzdem dagegen entschieden. Die Suche nach geeigneten Nachfolgern begann. Es gab Interessenten, wie von Allmens sagen, die sich jedoch vom Betrieb und dem Leben in Wengen nicht überzeugen liessen. Schliesslich gründete eine Gruppe von Chalet-Besitzern eine AG, welche aus dem «Chäs-Gruebi» nun das «Chäs und meh» macht. «Wir sind sehr glücklich darüber, dass unser Betrieb weitergeführt wird», so von Allmens.

Die Zeit des «Chäs-Gruebis» ist nun vorbei. Für Kathrin und Hans von Allmen geht es jedoch noch weiter. Sie werden ihre Nachfolger auf Weiteres unterstützen und somit weiterarbeiten.

Die Zeit des «Chäs-Gruebis» ist nun vorbei. Für Kathrin und Hans von Allmen geht es jedoch noch weiter. Sie werden ihre Nachfolger auf Weiteres unterstützen und somit weiterarbeiten.Foto: Lia Näpflin
ES GEHT WEITER

«Auch wenn es anstrengende Zeiten gegeben hat, haben wir viel Schönes erlebt», schaut Hans von Allmen zurück. Derselben Meinung ist auch seine Frau. «Ich freue mich besonders darauf, mehr Zeit für unsere Enkelkinder zu haben.» Nach 41 Jahren in der Privatwirtschaft wollen sich Kathrin und Hans von Allmen noch nicht ganz zurücklehnen. Im «Chäs und meh» werden sie als Angestellte mitarbeiten, jedoch vermehrt im Hintergrund.

Während der 41 Jahre zählten von Allmens auch auf treue Mitarbeiter. Ahmetti Gania, links neben Hans von Allmen, arbeitete während 28 Jahren im «Chäs-Gruebi».

Während der 41 Jahre zählten von Allmens auch auf treue Mitarbeiter. Ahmetti Gania, links neben Hans von Allmen, arbeitete während 28 Jahren im «Chäs-Gruebi».